Zwei Tage lang öffneten die Eheleute Stiemerling-Wickert ihren ganz privaten Garten für interessierte Zaungäste in Röttgen. Schon seit vielen Jahren nehmen die begeisterten Naturliebhaber regelmäßig an der Aktion „Offene Gartenpforte“ teil –als Gastgeber und auch als Gäste in anderen Gärten. Bereits im vergangenen Jahr gab es einen ausführlichen Bericht über den idyllischen Garten inmitten eines alten Baumbestandes, der den Stiemerling-Wickerts als Oase der Entspannung dient. Die Gartenanlage ist zwar unverändert, dennoch gibt es hier für Besucher stets Neues zu entdecken.
Ein Willkommensschild, weist den Gästen
schon von weitem den Weg in den rückwärtigen Garten. Mit einem Fingerzeig lotst die von Käthe Wickert handgefertigte Skulptur interessierte Gäste durch den grün umrankten Torbogen hinein ins grüne Refugium.
Kaum eingetreten, gibt es auch schon einen nützlichen Hinweis für Eigenheimbesitzer: "Krötenfalle Kellertreppe" heißt auf einer großen Schautafel, gleich rechter Hand neben der Außentreppe, die hinab ins Souterrain führt. Aus Erfahrung und von Berufswegen weiß der promovierte Biologe, dass Amphibien zur Winterruhe feuchte aber frostfreie Schlupfwinkel aufsuchen, denn als wechselwarme Tiere sinkt ihre Körpertemperatur mit der Umgebungstemperatur. Gelegentlich verirren sich Frösche und Kröten in Lichtschächte oder andere Nischen am Bau. Für manche werden sie zur Falle, denn aus tiefen Schächten oder über allzu hohe Stufen gibt es später im Frühling kein Entrinnen. Eine simple und einfach nachzubauende Lösung hat der Biologe natürlich auch parat: eine schmale Rampe aus Fußleisten dient den Kröten auf seiner Kellertreppe als Notausgang.
Nur einige Schritte weiter öffnet sich dem Besucher der Blick in den teilweise natur-belassenen Garten und bleibt unweigerlich an einer ungewöhnlichen Skulptur auf der Rasenfläche hängen. Die von Käthe Wickert geschaffene Plastik regt zum Nachdenken an und manch ein Besucher -darunter zugegebener-maßen auch ich- umkreist sie rätselnd. "Ja, da habe ich mal was ganz verrücktes gemacht", lacht die Künstlerin. Das bronzefarbene runde Kopfteil, das von tentakelähnlichen Fingern gehalten wird und auch die länglichen Einlegearbeiten darunter glänzen lebhaft in der Sonne. Und während ich mir noch so meine Gedanken mache, plaudert Wickert über die Entstehung des Kunstwerkes. "Das Runde habe ich beim Schrotthändler gefunden", sagt sie, "und da war es noch eine holländische Lampe. Die hat mir so gut gefallen, dass ich sie kurzerhand mitnahm." Im eigenen Haushalt gab es jedoch keine Verwendung für den Leuchter, also landete er zunächst im Fundus für "künstlerische Angelegenheiten". Es war ein Musenkuss der Natur, der den Anstoß zu ihrer neuesten Plastik gab und Einzelteilen der besagten Lampe zu einem neuen, glanzvollen Auftritt verhalf. Den leicht bauchigen Unterbau fertigte Wickert übrigens aus hochwertigem Fliesenkleber auf einem Drahtgeflecht. Und, haben Sie schon rausgefunden um was es sich hier handelt? Des Rätsels Lösung ist: Ein Sonnenfänger! "Genaugenommen ist es ein Wassertropfen, der die Sonne auffängt", lüftet Wickert das Geheimnis.
Besucher begegnen in der Gartenoase noch weiteren Mitbewohnern. Am Teichufer drückt sich neuerdings ein Biber ins hohe Gras. Auch er stammt aus den geschickten Händen von Käthe Wickert. Ein Ausflug zur Lüneburger Heide ins dortige Otter-Center habe sie auf diese Idee gebracht. Von einer hölzernen Rankhilfe blickt eine Katze auf eine gemütliche, aus Holzstämmen gefertigte Sitzecke hinab. Und ganz aufmerksame Besucher entdecken in dem einen oder anderen Strauch weitere scheue Tiere.
Tiere ganz anderer Art hätte Rolf Stiemerling in diesem Jahr auch gerne gehabt. Der Biologe träumt seit letztem Jahr von einer eigenen kleinen Maulbeerseidenspinner-Zucht. Dazu benötigt er in erster Linie große Mengen Maulbeerblätter als Futter für die gefräßigen Seidenraupen. "Die weißen Maul-beerbäume, die ich gepflanzt habe wollen aber einfach nicht so schnell wachsen wie ich das gerne hätte", bedauert er. Dennoch, Gartentouristen finden in Stiemerling eine Kapazität auf diesem Gebiet, der viel zu zeigen und zu erzählen hat. So z.B. auch über zwei afrikanische Seidenraupenarten, die er selbst erst im letzten Urlaub kennen-gelernt hat. "Zur Seidengewinnung sind diese jedoch nicht optimal", verrät er, "da die Kokons durch Calciumoxalat-Einlagerungen sehr hart und der daraus gewonnene Faden nur von mäßiger Qualität ist. Aber zur Herstellung von Fußrasseln (Foto Mitte), wie sie in Afrika bei Stammestänzen traditions-gemäß getragen werden, sind sie bestens geeignet." Zum Klingen gebracht werden die Kokons, indem sie mit kleinen Steinchen oder aber mit Scherben von Muscheln oder Straußen-eiern befüllt werden.
Nebenbei ist Stiemerling übrigens leiden-schaftlicher Philatelist. Und auch dieses Hobby ist eng mit den Seidenraupen ver-knüpft. Denn in seinem Album haben nur nur Briefmarken mit Seidenspinnern Lande-erlaubnis (Foto rechts).
In ihrem Atelier "Ton und Farbe", das am Wochenende ebenfalls für die Öffentlichkeit geöffnet war, konnten Kunst-interessierte mit Käthe Wickert fach-simpeln. Im letzten Jahr hat die Malerin, die auch dem Arbeitskreis "Bildende Kunst" angehört, vermehrt mit Latex-Untergründen, Wischtechnik und mit Spachtelarbeiten experimentiert. "Meine Malereien sind abstrakter geworden", sagt sie über ihre Entwicklung. So darf man schon heute auf den nächsten Tag der offenen Gartenpforte bei den Stiemerling-Wickerts gespannt sein, denn dann wird es sicherlich wieder viel Neues in und rund um den Garten geben.
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