Ein grün umrankter Torbogen führt hinein in den Garten der Wickerts. Umrandet von uralten, turmhohen Tannen schlummern ein sattgrüner Rasen mit kleinem Teich und idyllischem Bachlauf, einige Obstbäume, Sträucher und dekorative Blumenbeete. Hier und da kleine aus Baumstämmen gefertigte Sitzgruppen, die sich nahtlos in den teilweise naturbelassenen Garten einfügen und zum Verweilen einladen.
Schon früh im Jahr zeigen sich zarte Blüten im Garten von Familie Stiemerling-Wickert. „Zuallererst blüht hier die Blutpflaume, dann der Kirschbaum, danach die Pflaume und die Felsenbirne.“, erzählt Käthe Wickert. Von Anfang März bis weit in den Mai hinein erfreuen sich die Gartenbesitzer an dem aparten Blütenmeer in Weiß und Rosa. „Allerdings sind unsere Rhododendren in diesem Jahr etwas spät dran. Normalerweise blühen sie jetzt schon.“, bedauert Frau Wickert ein wenig. Nur allzu gern hätte sie ihre Gartenbesucher an dem Blüten-Feuerwerk aus leuchtendem purpurrot und violett ihrer Rhododendren teilhaben lassen. Dennoch, ein Blick auf die zahllosen zum Bersten gefüllten Knospen, aus denen die Blütenblätter bereits neugierig hervorspitzen, lassen die aufkommende Farbenpracht erahnen.
Blickfang Gartenkunst: selbst gefertigte Skulpturen setzen zusätzliche Akzente
Aber auch, wenn die Natur sich noch ein wenig Zeit lässt, gibt es im Gartenparadies der Wickerts viel zu entdecken. Aus einem üppigen Rhododendrenbusch lugt ein lebensgroßer, rosa Flamingo aus Beton hervor. Kleinere Einzelfiguren oder Gruppenarrangements aus Beton oder Fliesenkleber, Blütenkelche aus Kupferblech geformt, ein ägyptischer Obelisk aus Ton: all das findet sich mehr oder weniger versteckt überall im Garten. Die kreative Kraft hinter diesen Plastiken ist Käthe Wickert selbst. Stolz ist sie vor allem auf ihre Bronzefiguren, die sie nach eigenen Entwürfen vom Bonner Bildhauer und Kunstgießer Friedemann Sander hat gießen lassen. Das künstlerische Potential von Käthe Wickert ist breit gefächert und beschränkt sich nicht nur aufs Modellieren, sie malt auch gern und viel, darüber hinaus hat sie früher Schmuck entworfen und sich mit Seidenmalerei beschäftigt. Die Bilder, die sie in ihrem Atelier „Ton und Farbe“ präsentiert, sind, was Motive und Technik angeht, ausgesprochen vielseitig. Maritime Impressionen finden sich neben Blumenbildern und abstrakter Kunst wieder. „Ich experimentiere gern“, sagt Käthe Wickert, „je nach Lust und Laune male ich meine Bilder gern in Öl oder Acryl, mit Spachteltechnik oder auf Latex und Seide. Auch Monotypien, Frottage-Arbeiten und Kohlezeichnungen sind dabei.“ Inspirationen holt sie sich unter anderem aus dem eigenen Garten. Weitere Anregungen kommen aus dem Arbeitskreis „Bildende Kunst“, dem die Künstlerin angehört.
Edle Spinnerei: Ganz nebenbei viel gelernt über den Maulbeerseidenspinner und die Seidenproduktion
Zurück im Garten, den sie gemeinsam mit ihrem Mann Rolf Stiemerling vor vielen Jahren angelegt hat und in Schuss hält, findet sich ein selbstgebauter Hummelnistkasten sowie Schautafeln mit Präparationen von Libellen und den Entwicklungsstadien des Maulbeerseidenspinners. Hier zeigt sich die Handschrift des promovierten Biologen Stiemerling. Interessierten Besuchern erklärt er gern, wie man Hummeln in den Nistkasten lockt oder wie nützlich die unterschiedlichsten Insekten sein können. Wer genau hinschaut entdeckt auch einige kleine Maulbeerbäume im Garten der Eheleute. Davor, auf einem Stehpult, liegen Anschauungsmaterial und Informationsschriften zum Maulbeerseidenspinner aus. Ein Tier, zu dem Stiemerling, der aus der Seidenstadt Krefeld stammt, eine besondere Beziehung hat. Denn bereits seine Vorfahren waren in der Seidenproduktion und -Verarbeitung tätig. Nun, nachdem er sich viele Jahre lang intensiv mit den unterschiedlichsten Aspekten des Seidenanbaus, der Verarbeitung und der Seidennutzung beschäftigt hat, will er versuchen selbst einige Falter zu züchten. „Dazu brauche ich natürlich Futter“, erklärt er, „die Raupen des Maulbeerseidenspinners sind sehr gefräßig. Da müssen meine Bäume noch schätzungsweise ein Jahr lang wachsen bis sie ausreichend Futter für die hungrigen Mäuler liefern.“ Sofern alles nach Plan läuft, möchte Stiemerling mit seinem Projekt auch an die beiden hier ansässigen Schulen gehen und die Kinder für diese –wie er selbst zugibt- eklige aber sehr nützliche Raupe begeistern. Wenn alles klappt, hätte er jedenfalls viel Interessantes zu zeigen und zu erzählen. Aber das ist eine andere Geschichte, die hier zu gegebener Zeit aufgegriffen werden wird.
Der Blick über den Gartenzaun offenbart viel Grün mit blumigen Farbtupfern und manch andere Überraschung
Als Fazit zur Aktion „Offene Gartenpforte“ bleibt festzuhalten: für Naturliebhaber und Gartenfreunde lohnt sich ein Blick in fremde Gärten auf jeden Fall. Der Garten von Familie Stiemerling-Wickert aus Röttgen war eine Oase der Ruhe und Entspannung, gleichzeitig aber auch eine wahre Fundgrube für Kunstliebhaber und lieferte ganz unerwartet interessante Einblicke in ein jahrtausendealtes Verfahren zur Textilgewinnung.
Drei weitere Wochenenden werden Privatleute ihre Gärten für die Allgemeinheit öffnen. Für alle, die noch Ideen für die eigne Grünanlage suchen, gern mit anderen Gartenliebhabern fachsimpeln, von interessanten Gesprächspartnern und –themen überrascht werden oder einfach nur gern in der Natur sind, ist die Aktion „Offene Gartenpforte“ ein wunderbares Angebot.
Nähere Informationen unter www.offene-gartenpforte.de
Kommentar schreiben